Der Pflichtteilsanspruch kann weiterhelfen
                    Sie sind vor fünf Jahren auf die Balearen ausgewandert, 
                    in Deutschland verblieben ist Ihr nicht unvermögender 
                    Vater und Ihr Bruder. Entfernungsbedingt hat sich Ihr Kontakt 
                    reduziert auf gelegentliche gegenseitige Besuche. Nun teilt 
                    Ihnen Ihr Bruder das überraschende Versterben Ihres Vaters 
                    mit. Weiterhin erfahren Sie von Ihrem Bruder, dass Ihr Vater 
                    nunmehr über keinerlei relevantes Vermögen mehr 
                    verfügt habe und für die beiden hälftigen Erben 
                     für Sie und Ihren Bruder  somit kein Erbe 
                    vorhanden sei. Ihnen erscheint das seltsam, da bei Ihrem Wegzug 
                    vor fünf Jahren Ihr Vater u.a. noch über Wertpapieranlagen 
                    von mehreren hunderttausend DM verfügte. Eine in der 
                    Praxis häufige Fallkonstellation. 
                    
Müssen Sie sich mit der dieser Auskunft des Bruders 
                      begnügen ?
                      Nein, das müssen Sie nicht. Als Pflichtteilsberechtigter 
                      stehen Ihnen nachhaltige Auskunftsansprüche zu. Diese 
                      betreffen zum einen den Vermögensstand und die Vermögenszusammensetzung 
                      zum Zeitpunkt des Versterben Ihres Vaters.
                    Diesbezüglich muss Ihr Bruder als Miterbe Ihnen genaue 
                      Auskunft geben. Soweit sich dann, auch nach Bankauskunftseinholung, 
                      herausstellen sollte, dass Ihr Vater zum Zeitpunkt des Versterbens 
                      tatsächlich über kein relevantes Vermögen 
                      mehr verfügte, sondern das früher vorhandene Vermögen 
                      in nicht nachvollziehbarer Art und Weise "verschwunden" 
                      ist, so kann auch der weitergehende Auskunftsanspruch im 
                      Hinblick auf Ihren möglichen Pflichtteilsergänzungsanspruch 
                      weiterhelfen.
                    Auskunft auch über Schenkungen in den letzten 10 
                      Lebensjahren
                      Nach den §§ 2325 und 2329 des Bürgerlichen 
                      Gesetzbuches werden die Schenkungen in den letzten 10 Lebensjahren 
                      bei der Berechnung Ihres Pflichtteilsanspruches berücksichtigt. 
                      Wer also beispielsweise 3 Jahre vor seinem Tod sein Hausanwesen 
                      verschenkt, so dass seine pflichtteilsberechtigten Kinder 
                      zunächst leer ausgehen, kann nicht verhindern, das 
                      die pflichtteilsberechtigten Kinder den hälftigen Hauswert 
                      gegen den oder die Beschenkte als Pflichtteilsergänzungsanspruch 
                      geltend machen.
                    Bei unentgeltlichen Verfügungen in den letzten 10 
                      Lebensjahren wird nach § 2325 Absatz 1 und 3 BGB für 
                      die Berechnung des Pflichtteilsanspruches unterstellt, die 
                      Schenkung sei nicht erfolgt.
                    Zurück zu unserem Ausgangsfall. Hat also der auf die 
                      Balearen verzogene Bruder mittels seines Auskunftsanspruches 
                      über den Vermögensverbleib in den letzten 10 Jahren 
                      in Erfahrung gebracht, dass das Wertpapiervermögen 
                      seines Vaters in Höhe von 500.000 DM zwei Jahre vor 
                      seinem Versterben an die neue Lebensgefährtin verschenkt 
                      wurden, so besteht für beide Brüder diesbezüglich 
                      gesamtheitlich ein Pflichtteilsanspruch gegen die neue Lebensgefährtin 
                      in Höhe von 250.000 DM.
                    Drei-Jahresfrist zur Anspruchsgeltendmachung
                      Ebenso wie der Pflichtteilsanspruch, muss der Pflichtteilsergänzungsanspruch 
                      allerdings binnen 3 Jahren geltend gemacht werden. Sonst 
                      verbleibt der neuen Lebensgefährtin das gesamte Wertpapiervermögen 
                      in Höhe von 500.000 DM.
                    Fristbeginn ist betreffend den Pflichtteilsergänzungsanspruch 
                      zum Schutz des Beschenkten allerdings in jedem Fall der 
                      Zeitpunkt des Versterbens des Vaters.
                    Auskunftsanspruch auch gegen potentiell beschenkte Dritte
                      Erst kürzlich hat das Oberlandesgericht Karlsruhe die 
                      Rechtslage bestätigt, dass auch die Empfänger 
                      möglicherweise unentgeltlicher oder teilunentgeltlicher 
                      Leistungen eines Erblassers dem Pflichtteilsberechtigten 
                      zur Auskunft verpflichtet sind. Für unseren Praxisfall 
                      heisst dies, auch die neue Lebensgefährtin des Verstorbenen 
                      Vaters ist verpflichtet, exakt Auskunft zu erteilen, ob 
                      und welche Wertpapiere sie in den vergangenen 10 Jahren 
                      vom verstorbenen Vater erhalten hat. Wer also als Pflichtteilsberechtigter 
                      einen im Grund unverständlichen Vermögensschwund 
                      in den letzten 10 Lebensjahren des Vererbers feststellt, 
                      dem stellt das deutsche Erbrecht die notwendigen Auskunftsansprüche 
                      zur Verfügung, um aufzuklären, ob und inwieweit 
                      das Vermögen vom Vater in diesem Zeitraum pflichtteilsrelevant 
                      verschenkt wurde.
                    Die Übersiedlung nach Mallorca reduziert den familiären 
                      Kontakt
                      Allein die räumliche Entfernung nach der Übersiedlung 
                      nach Spanien ist es häufig, die die Kenntnis des nach 
                      Spanien Übergesiedelten betreffend die Lebens- und 
                      Vermögensverhältnisse der Eltern reduziert.
                    Oft sind Personen im Alter auch nicht mehr im Vollbesitz 
                      der geistigen Kräfte und nehmen Vermögensverfügungen 
                      vor, die sie bei früher noch vorhandenem Überblick 
                      nicht getätigt hätten.
                    Pflichtteilsberechtigte Kinder und Ehegatten sind allerdings 
                      nach dem deutschen Recht zumindest insoweit vor unentgeltlichen 
                      Vermögensverfügungen der Eltern in den letzten 
                      Lebensjahren geschützt, dass sie den hälftigen 
                      Betrag ihres gesetzlichen Erbanspruches als Pflichteilsergänzungsanspruch 
                      zurückfordern können.