(veröffentlicht im Mallorca
Magazin, 43/97)
Die Autoren des nachfolgenden Beitrages sind Rechtsanwälte
und deutsch bzw. deutsch- und spanisch sprechende Mitglieder
der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge,
D.V.E.V. e.V..
Diese Vereinigung ist ein Zusammenschluss juristischer Fachleute,
die sich innerhalb ihrer jeweiligen Berufsfelder als Notare,
Richter, Anwälte oder Steuerberater meist schwerpunktmässig
den Fragen des Erbrechtes widmen.
Mittels dieses Zusammenschluss wird das Ziel verfolgt, gemeinschaftlich
eine entsprechend höhere Arbeits- und Beratungsqualität
zu schaffen. Aktuell wird in Manacor, die erste Auslandsgeschäftsstelle
der Vereinigung vorbereitet.
Zum leichteren Verständnis des Beitrages sei einleitend
in Erinnerung gerufen, dass bei deutscher Staatsangehörigkeit
des Vererbers immer deutsches Erbrecht zur Anwendung kommt.
Hat der Vererber jedoch seinen Wohnsitz und Vermögen,
namentlich Immobilien, in Spanien, so sind durchwegs eine
Reihe von Besonderheiten zu beachten. Dies betrifft insbesondere
die insoweit zur Anwendung kommende spanische Erbschaftssteuer,
die nur vergleichsweise äusserst niedrige Freibeträge
kennt.
Wer seinen Nachlass nicht plant, geht fünf Risiken
ein:
1. Unsicherheit im Alter
2. Fehlende Absicherung des überlebenden Ehegatten
3. Unfriede unter den Kindern
4. Gefahr des Vermögensverlustes
5. Risiko der Steuerbelastung
Die Absicherung im Alter ist daher, wie nachfolgend geschildert,
unter vielfältigen Aspekten zu tätigen.
1. Liquidität
Was nutzt ein umfangreicher Immobilienbesitz, wenn die Erhaltung
der Immobilien viel Geld verschlingt, das an anderer Stelle
fehlt.
Der Senior hat nicht nur die normalen Lebensunterhaltungskosten
zu bestreiten, die bekanntlich immer höher werden. Er
muss sich auch gegen das Risiko von Krankheit und Pflege über
sein Privatvermögen zusätzlich absichern. Die Krankenkassen
und Pflegeversicherungen werden in Zukunft noch strenger prüfen,
ob sie tatsächlich zu leisten verpflichtet sind. Der
Einzelne tut gut daran, ausreichend liquide zu sein, um diese
Risiken zumindest zunächst einmal in eigener Person abfangen
zu können. Kann bei einer schweren Krankheit nur ein
Experte helfen, so muss dieser "schlimmstenfalls"
aus eigener Tasche bezahlt werden. Das geeignete Pflegeheim
wird man oft nur dann finden, wenn man bereit ist, etwas mehr
hierfür auszugeben.
Wer sein Alter plant, wird deshalb in die Überlegung
die Übertragung eines Hausanwesens oder einer Eigentumswohnung
gegen Zahlung einer Rente in Betracht ziehen.
Die Rente kann steuerrechtlich unterschiedlich ausgestaltet
werden.
Als Leibrente wäre sie mit einem Ertragsteil von 27
% beim Empfänger zu versteuern und von der Einkommensteuer
/ Gewerbesteuer abzugsfähig. Würde die Rente als
sogenannte dauernde Last ausgestaltet werden, so wäre
sie beim Zahlungspflichtigen in voller Höhe steuerlich
abziehbar. Der Übertragende geht kein Risiko ein. Die
Rente wird im Grundbuch durch eine sogenannte Rentenreallast
gesichert. Würde die Rente nicht bezahlt werden, so könnte
diese zwangsweise durchgesetzt werden. Nötigenfalls könnte
das Haus auch zurückverlangt werden.
Sollte die Liquidität im Alter nicht nur durch eine
monatliche Zahlung gewährleistet sein, will also der
Übergeber das Haus später auch noch belasten können,
so wird er sich vor der Übertragung gegen Rentenzahlung
eine sog. Beleihungsgrundschuld eintragen lassen. Benötigt
er dann später Geld, so kann er die Grundschuld verwerten,
ohne den rentenpflichtigen Übernehmer fragen zu müssen.
Es kommt also auf eine sehr sorgfältige Ausgestaltung
des Vertrages an !
Konkret gilt es hier weiterhin zu beachten: Für eine
in Spanien belegene Immobilie gibt es die Möglichkeit
einer Grundschuldbestellung nicht. Denn: Das insoweit einschlägige
spanische Recht kennt die Rechtsfigur eines forderungsunabhängigen
Grundpfandrechtes nicht.
2. Absicherung des Ehegatten
Wer für seinen Ehegatten nicht sorgt, hat seinen Ehegatten
nicht verdient !
Der Ehegatte wird sich in der Regel immer erbrechtlich auseinandersetzen
müssen, sei es mit den Kindern oder mit den Eltern des
Erblassers.
Ist er im Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet,
so erbt er die Hälfte, die andere Hälfte steht den
Kindern zu, sei es einem Kind alleine oder mehreren Kindern
insgesamt.
Im Güterstand der Gütertrennung erbt der überlebende
Ehegatte neben einem Kind die Hälfte, neben zwei Kindern
ein Drittel und neben drei oder mehr Kindern ein Viertel.
Dies gilt für alle Kinder des Erblassers, gleichgültig,
aus welcher Ehe stammend, auch nichteheliche Kinder werden
zwischenzeitlich gleichbehandelt.
Setzten sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben ein,
so stehen den Kindern Pflichtteilsansprüche zu. Diese
belaufen sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Beispiel: E ist in zweiter Ehe mit F verheiratet. Sie leben
im Güterstand der Gütertrennung. Aus erster Ehe
hat E zwei Kinder S und T. E setzt F zur Alleinerbin ein.
Nachlasswert 600.000 €. S und T sind Erben zu je 1/3 und
haben daher beide einen Pflichtteilsanspruch von je 1/6. S
und T haben also zusammen einen Pflichtteilsanspruch von 200.000
€: Bei einer sorgfältigen Nachlassplanung muss alles
getan werden, um diesen Pflichtteilsanspruch möglichst
gering zu halten. Hierzu gibt es verschiedene Wege.
Heben E und F den Güterstand der Gütertrennung
auf und vereinbaren Zugewinngemeinschaft, so steht S und T
nur ein Erbanspruch von je ¼, mithin ein Pflichtteilsanspruch
von je 1/8 zusammen also nur 150.000 € zu. Ersparnis
insoweit also 50.000 €.
Überträgt E seine Haushälfte an F unter Vorbehalt
des Niessbrauchrechtes, so führt dies zu einer Reduzierung
der Pflichtteilsrechte um etwa 25 %. Stirbt ein Ehegatte,
der kinderlos verheiratet war, so haben dessen Eltern, falls
diese vorverstorben sind, dessen Geschwister, ein Erbrecht.
Bei Zugewinngemeinschaft beläuft sich dieses auf 1/4,
beim Güterstand der Gütertrennung auf 1//2. Wird
der überlebende Ehegatte testamentarisch zum Alleinerben
eingesetzt, so haben nach dessen Nachversterben nur die überlebenden
Schwiegereltern einen Pflichtteilsanspruch, will heissen:
Die Nachkommen der Schwiegereltern, also die Geschwister des
Erblassers, haben niemals einen Pflichtteilsanspruch.
Andere Möglichkeiten der Absicherung des Ehegatten:
Sind Kinder vorhanden, die ohnehin später als Erben
in Betracht kommen, so können diese bereits beim Tod
des erstverstorbenen Elternteils eine Immobilie als Erbe oder
Vermächtnisnehmer erhalten.
Zweckmässigerweise erhält der überlebende
Ehegatte aber an der Immobilie ein Wohnrecht oder falls
er sie vermieten will den Niessbrauch. Selbstverständlich
kann ihm, bei einer in Deutschland belegenen Immobilie, auch
durch eine zweckmässigerweise zuvor eingetragene Grundschuld
eine vom Willen der Kinder unabhängige Beleihungsmöglichkeit
gegeben werden.
3. Wahrung des Familienfriedens
Der Familienfriede ist nur gewahrt, wenn sich die Eltern
vom Gedanken der Gerechtigkeit leiten lassen und dies ihren
Kindern auch vermitteln.
Gerechtigkeit heisst nicht immer nach gleichen Teilen, sondern
nach Bedürfnis und Verdienst der Kinder. Soweit die Kinder
vernünftig sind, sind diese in ein sogenanntes Generationsgespräch
einzubinden. Hieraus gewinnen die Senioren die notwendige
Sicherheit, gerechte Gestaltungen zu finden, die von den Kindern
später akzeptiert werden.
Beachten Sie bitte:
Gelingt es nicht, testamentarisch den Familienfrieden zu
sichern, so werden unzufriedene Kinder die testamentarische
Einsetzung - Erbquote oder Vermächtnis - ausschlagen
und stattdessen den Pflichtteil geltend machen. Der Pflichtteil
ist eine Geldforderung, die sofort zahlbar ist.
4. Gefahr des Vermögensverlustes
Wenn Sie Vermögen auf ein Kind übertragen, so müssen
sie sogleich bedenken, was gelten soll, wenn dieses Kind einmal
versterben sollte.
Ihr Kind kann sehr schnell durch einen Unglücksfall
nach der Übertragung versterben. Soll dann das übertragene
Vermögen an den Ehegatten fliessen ? Dies ist in den
allermeisten Fällen nicht gewollt.
Selbst wenn Ihr Kind ein Testament zugunsten der eigenen
Abkömmlinge hat, so steht dem Schwiegerkind gleichwohl
ein Pflichtteilsanspruch zu. Es gibt geschickte Wege, dies
zu vermeiden. Hierzu ist eine eingehende Beratung im Einzelfall
erforderlich.
Überträgt man dem Kind beispielsweise eine Immobilie,
so ist daran zu denken, den Vermögensfluss nach dem späteren
Ableben des Kindes über eine Vor- und Nacherbschaft zu
regeln. Dieses Instrument ist allerdings schwierig zu handhaben,
weshalb auch insoweit eine eingehende Beratung unerlässlich
ist.
5. Risiko der Steuerbelastung
Besonders hoch ist diese bei Vererbung von spanischen Immobilien
an Lebensgefährten. Beträgt das Verkehrswertvermögen
über 1 Mio DM und kommen als Vermögensempfänger
die eigenen Kinder in Betracht, so muss jede testamentarische
Gestaltung, ebenso wie jede lebzeitige Übertragung unter
dem Gesichtspunkt der Ersparnis von Schenkungs- und Erbschaftssteuer
gesehen werden.
Soll ein/e Bruder/-Schwester oder gar ein Lebensgefährte
etwas lebzeitig oder durch Testament erhalten, so müssen
viele Gestaltungsspielräume genutzt werden, um Schenkungs-
und Erbschaftssteuern drastisch zu senken. Gerade dann, wenn
ausserhalb der "Kernfamilie" übertragen wird,
müssen die unterschiedlichsten Übertragungsmodelle
gegeneinander "gerechnet" werden. Verfügt der
künftige Vererber über Immobilienvermögen in
Spanien, so ist angesichts der sehr geringen spanischen Erbschaftsfreibeträge
Anhaltspunkt: weniger als 1/10 der deutschen
praktisch immer erbrechtlicher Handlungsbedarf allein aus
erbschaftssteuerlichen Gründen gegeben.
Günter Menth
Rechtsanwalt / Abogado inscrito
|