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Geschäftsübernahme: Grosse Risiken erfordern professionelles Vorgehen  zurück
strichel_hori
Jedes Jahr werden auf Mallorca mehrere hundert Restaurants „traspasiert“. Ein mit grossen Risiken verbundener Vorgang, vor allem für den Übernehmer, mitunter auch für den Geschäftsübergeber.

Was genau bedeutet eigentlich das Wort „Traspaso“. Es handelt sich hier um den Übernahmevertrag, mit welchem ein aktueller Mieter oder Pächter eines Geschäftes oder Geschäftsraumes seine Rechtsstellung auf den Geschäftsübernehmer überträgt.

Zu welchem Preis werden Bars und Restaurants traspasiert ?

Der typische Traspasopreis bewegt sich in der Grössenordnung zwischen 50.000 und 100.000 DM. Massgeblich ist hierbei, welche Einrichtungsgegenstände mit welcher aktuellen Gebrauchsqualität vom bisherigen Verpächter übernommen werden. Und die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang: Gehören diese Gegenstände tatsächlich dem bisherigen Verpächter ? Es kann sich hier nämlich um geleaste oder unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Gegenstände im Eigentum eines Dritten handeln, oder aber aus dem Pachtvertrag mit dem Eigentümer ergeben sich Rechtsansprüche des Eigentümers auf diese Gegenstände. Für den Übernahmeinteressierten heisst dies, sich zur Absicherung die entsprechenden Erwerbsverträge und den Pachtvertrag mit dem Eigentümer frühzeitig zur Prüfung vorlegen zu lassen.

Ohne gegenteilige vertragliche Regelung besteht Traspasorecht

Das zumindest für Miet- und Pachtvertrag zwingend anzuwendende spanische Recht regelte im Mietgesetz von 1964 das Rechtsinstitut des „Traspaso“ im Detail.

Nach der Mietrechtsreform zum 01.01.1995 ist die gesetzliche Regelung des Traspaso in der ursprünglichen Form für nach dem 01.01.1995 geschlossene Miet- und Pachtverträge zwar nicht mehr vorgesehen. Ohne entgegenstehende vertragliche Regelung ist jedoch gemäss Art. 32.1 LAU ( = neues spanisches Mietgesetz ) dem Geschäftsraummieter die Unter- und gerade auch die Weitervermietung im Rahmen einer Geschäftsübertragung eröffnet, unter gesetzlichem Ausschluss einer Genehmigungsnotwendigkeit durch den Vermieter.

Allerdings hat dann der Vermieter gemäss Artikel 32.2 LAU das Recht eine bis zu 20%ige Mieterhöhung gegenüber dem Geschäftsübernehmer geltend zu machen, nach Erhalt der vorgeschriebenen Benachrichtigung.

Den Sinn des Traspasorechtes verstehen

fällt mitunter nicht ganz leicht, wenn man sich der Geschäftsübernahme in Spanien auf der Basis deutscher Geschäfts- und Rechtspraktiken nähert.

Zunächst gilt es zu wissen, dass in Spanien grundsätzlich keine eingerichteten Geschäftsbetriebe vom Eigentümer „verpachtet“ werden, sondern 4 Seitenwände, eine Decke und ein Boden zur Verfügung gestellt werden, wobei es mitunter noch Sache des Pächters ist, für entsprechende Anschlüsse der Versorgungseinrichtungen Sorge zu tragen.

Wer eine Bar oder ein Restaurant pachtet, dem steht also zunächst eine grössere Investition bevor, deren Investitionswert dringend rechtlich abzusichern ist.

Vielfältige Gefahren für den Geschäftsübernehmer

In vielen Fällen beginnt die Spanieninvestition auf der Basis einer Fehlbeurteilung der Wirtschaftlichkeit. Es wird von falschen Umsatzzahlen ausgegangen oder nicht beachtet, dass die Saison lediglich 6 oder 8 Monate umfasst oder der vorgegebene Kundenstamm ist tatsächlich nicht vorhanden. Oft gehen hier mehr oder weniger gezielte Falschangaben durch den aktuellen Vorpächter und die Gutgläubigkeit des Übernehmers Hand in Hand.

Die Investition erfolgt aus einer Ferienlaune heraus, eine gesicherte Ganzjahresbegutachtung wird nicht vorgenommen, ebenso wie das Befragen von Nachbarn, früheren Geschäftsinhabern oder aktuellen Lieferanten.

Die Überprüfung der Verträge wird unterlassen, mitunter ist der auf spanisch verfasste Vertrag dem Übernehmer rein sprachlich nur teilweise nachvollziehbar.

In Spanien wagt man den Eintritt in einen branchenfremden Geschäftsbereich, den man sich in heimischen Gefilden erst mehrfach überdenken würde.

Auch das Vorhandensein der erforderlichen Genehmigungen wird oft nicht oder nur nachlässig überprüft. Statt sich hier auf mündliche Zusagen zu verlassen, empfiehlt es sich, eine spezialisierte Gestoria einzuschalten.

Oft begibt man sich allerdings als begeisterter, auf ein bestimmtes Objekt fixierter Übernehmer in einen Zeitdruck – die Saison beginnt ! – und vernachlässigt sämtliche Vorsichtsmassnahmen.

Was gilt es als Geschäftsübernehmer ausserdem zu überprüfen ?
1. Bestehen Altschulden des Vorpächters ?

Wird der Firmenname weiter verwandt, so kann es hier zu einer rechtlichen Schuldübernahme kommen.

Häufig besteht aber eine rein tatsächliche Übernahmepflicht betreffend Lieferantenverbindlichkeiten oder Verbindlichkeiten des Vorpächters mit Versorgungsunternehmen, da diese bei Nichtausgleich ihrer Forderung die Betriebsweiterführung oft schlicht praktisch unmöglich machen können.

2. Die Inhalte des Miet- oder Pachtvertrages mit dem Eigentümer analysieren.

Wichtig ist hier eine ausreichend lange weitere Miet- oder Pachtvertragslaufzeit, vorzugsweise entsprechende Optionszeiten.

Weiterhin darf die Möglichkeit des Traspaso, der Weiter- oder Untervermietung nach Möglichkeit nicht vertraglich ausgeschlossen sein.

Was vom Geschäftsübergeber zu beachten ist

Für ihn ist wichtig, dass er nach Geschäftsübergabe keinen weiteren Haftungsrisiken, etwa für die Fortzahlung des Miet- oder Pachtzinses ausgesetzt ist. Der Nachfolger muss also komplett in den Vertrag eintreten und nicht nur als neuer Mietzins- oder Pachtzinsschuldner beitreten.

Der Traspasopreis sollte nach Möglichkeit mit Vertragsabschluss der Geschäftsübernahme komplett beglichen sein.

Aus der Sicht des Eigentümers

Der Eigentümer ist gehalten, durch Miet- und Pachtzinsvorauszahlung, ein Jahr ist hier nicht unüblich, seine Ansprüche abzusichern. Ebenso ist eine regelmässige Mietzinsanpassung im gesetzlich zulässigen Rahmen vertraglich zu vereinbaren. Die Rechtstellung des Eigentümers und Vermieters bzw. Verpächters wird weiterhin durch die Vereinbarung der Genehmigungsabhängigkeit von Traspaso, Unter- und Weitervermietung gestärkt.

Mentalitätsunterschiede und unterschiedliche rechtliche Erwartung

Für Mitteleuropäer, insbesondere Deutsche, ist die Rechtsfigur des Traspaso in mancher Hinsicht ungewöhnlich. Gemeinhin noch nachvollziehbar ist die Tatsache, dass im Falle eines Traspaso dem Verpächter ein gewisses Mieterhöhungsrecht zusteht. Problematischer, d. h. schwerlicher nachvollziehbar sind für viele Mitteleuropäer, insbesondere Deutsche, miet- und pachtvertragliche Regelungen, denen zufolge die vom Pächter angebrachten Installationen und Einrichtungsgegenstände ohne Entgeltzahlungspflicht dem Eigentümer bei Beendigung des Pachtvertrages zufallen oder die anteilige Partizipation am Traspasoerlös, also am Verkauf vom Mieter angeschaffter Einrichtungsgegenstände. Die Frage hier: warum soll der Eigentümer wertmässig an Investitionen partizipieren, zu denen er keinerlei finanziellen Beitrag geleistet hat ?

Die Alternative des Direkterwerbs des Geschäftslokalseigentums

Wer über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügt, sollte ernsthaft überlegen, ob er nicht direkt die Geschäftsimmobilie erwirbt, in welcher er das Geschäft zu betreiben gedenkt. In der Praxis ist dies in aller Regel deshalb nicht einfach, weil die Eigentümer – meist Mallorquiner – das Geschäftslokal als zukunftsträchtige Einnahmequelle ansehen und nur in seltenen Ausnahmefällen zu einem angemessenen Preis zu dessen Verkauf bereit sind.


Günter Menth
Rechtsanwalt / Abogado inscrito

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