(veröffentlicht im Palma Kurier, 26.11.1999)
Das Gesetz schreibt einen Pflichtanteil für Angehörige
vor
Nur wer Geld hat, kann es auch vererben. laut Gesetz haben
Familienangehörige das Recht auf einen Teil des Erbes. Doch
was passiert, wenn man bestimmte Personen nicht in seinem
Testament bedenken möchte ? Ein juristische Lösung
wäre das Enterben von Pflichtteilsberechtigten.
Es gibt ein Schlagwort im Erbrecht, welches sehr wichtig
ist und einiger Erläuterung bedarf: "pflichtteilsberechtigt".
Unter diesen Begriff fallen Ehegatten, Kinder und ersatzweise
auch deren Kinder, sprich die Enkel. Verstirbt jemand ohne
Kinder, so werden auch die Eltern zu Pflichtteilsberechtigten.
Nie gesehen, aber erben
Oft haben Angehörige keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie.
Auslandswohnsitze in aller Herren Länder oder auf Mallorca
sind ein wesentlicher Grund dafür. In diesem Fall soll
ein Kind oder ein Enkel weder den Erbteil noch den Pflichtteil
erhalten.
Bei gesetzlicher Erbfolge besteht ein schuldrechtlicher Auszahlungsanspruch
auf den Wert der Hälfte des Erbteils. Dieser Pflichtteil
wird im übrigen sofort mit Eintritt des Todesfalles fällig.
Letzteres führt nicht selten zu Liquiditätsproblemen
des Erben und in der Konsequenz zu Notverkäufen von Immobilien,
wie hier zum Beispiel Fincas.
Den gesetzlichen Erbanteil auf den Pflichtteil zu reduzieren,
ist per Testament einfach möglich. Wer jedoch auch den
Pflichtteil entziehen will, muss besondere, gesetzlich fixierte
Gründe vorweisen.
Misshandlung und Betrug
Den pflichtteilsberechtigten Kindern und Enkeln kann dieses
Recht unter anderem dann entzogen werden, wenn sie den Vererber
oder dessen Ehegatten vorsätzlich körperlich misshandelt
haben.
Weiterhin sieht das Gesetz die Möglichkeit eines Pflichtteilsentzuges
dann vor, wenn der Abkömmling einen ehrlosen
oder unsittlichen Lebenswandel wider den Willen des Erblassers
führt. Wer diesen Grund zum Anlass einer Entziehung
des Pflichtteils angibt, wird es in der Praxis aber äusserst
schwer haben. Bei einem derartigen Verfahren werden verschiedene
Tatsachen einer komplexen rechtlichen Überprüfung
unterzogen. Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass ein
Vererber durch Täuschung oder auf sonstige Weise zielgerichtet
bei der freien Abfassung seiner letztwilligen Verfügung
behindert worden ist, kann der Benachteiligte den Rechtsweg
beschreiten.
So kann nachträglich noch durch Anfechtung sogar die
Erbunwürdigkeit des Handelnden geltend gemacht werden.
Wer noch zu Lebzeiten sein Vermögen übergibt, reduziert
es und kann dadurch den Pflichtteilsanspruch
bestimmter Personen faktisch entfallen lassen. Wer mittellos
stirbt oder nur über persönliche Nutzungsgegenstände,
wie ein lebenslängliches Niessbrauchsrecht einer Finca
verfügt, dessen Nachlass kann regelmässig keinem Pflichtteilsanspruch
mehr ausgesetzt werden.
Die Erbschaft gut schützen
Es gibt rechtsspezifische
Rechtsgestaltungen, die für die Übertragung
von persönlichen Nutzungsrechten eingesetzt werden. Sie
sollen den Erben vor dem Verlust seines Vermögens schützen.
Zum Beispiel, wenn einer verschuldeten oder wegen Alkohol-
oder anderen Suchtproblemen gefährdeten Person Vermögenswerte
zukommen sollen. Dabei ist darauf zu achten, dass
die Vermögenswerte nicht durch Gläubigerzugriff
verloren gehen. Oder aber den Erben vor seiner eigenen Unfähigkeit,
sein Vermögen ordnungsgemäss zu verwalten, schützen.
Die adäquate Vermögensnachfolgeregelung besteht
regelmässig in einer Kombination von lebzeitigen und
erbrechtlichen Vermögensübertragungen.
Erben anstatt miese Rente
Wer seine gewünschten Ziele erreichen will, wird hierbei
die entsprechenden Vollmachten erteilen müssen. Mit derartigen
Kombinationen lässt sich auch ein auf Mallorca häufig
auftauchendes Problem bewältigen. Wer grösseres
Vermögen besitzt, aber nur beschränkte Renteneinkünfte
hat, dem fehlt es dann im Alter oft an ausreichender Liquidität.
Die Kombination von lebzeitigen und erbrechtlichen Vermögensübertragungen
gibt in solchen Fällen die Möglichkeit einer
teilweisen lebzeitigen Auszahlung sonstiger
Nachlassimmobilienwerte.
Durch eine Reglung im Erbvertrag kann mit Hilfe dieser Auszahlung
die Zahlungsfähigkeit entsprechend aufgestockt werden,
indem auf später im Erbwege zu übertragende Vermögensgegenstände
Zugriff genommen wird.
Immer wieder werden Experten gefragt, wann denn nun der richtige
Zeitpunkt für ein Testament ist. Für die erbrechtliche
Regelung gibt es natürlich kein genaues Datum. Die allgemein
Empfehlung geht dahin, die erbrechtliche Regelung der Zeit
bis zum 60. Lebensjahr schriftlich und genau unter Dach und
Fach zu bringen.
Doch gerade in Spanien ist in puncto Steuern folgendes zu
beachten. Im Hinblick auf die hohe spanische Erbschaftssteuer
sollten erbrechtliche Gesichtspunkte am besten schon vor grösseren
Investitionen in Spanien, insbesondere demImmobilienerwerb,
geklärt werden. Der sogenannte Erbrechts-Check ist also
schon zu diesem relativ frühen Zeitpunkt angebracht.
Die richtige Zeit fürs Testament
Bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften ist eine erbrechtliche
Regelung ebenfalls frühzeitig erforderlich. Das gleiche
gilt auch, wenn durch eine zweite Heirat oder der Verheiratung
der Kinder beträchtliche Vermögenswerte ohne Regelung
in die jeweils angeheirateten Familien übergehen können.
Ohne Regelung bedeutet in diesem Fall per Anwendung der gesetzlichen
Erbfolge. Wer möchte, dass sein Vermögen in die
richtigen Hände kommt, muss sich rechtzeitig darum kümmern.
Günter Menth
Rechtsanwalt / Abogado inscrito
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