2.3.10
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Schadensersatzanspruch Einzelner
gegen den Staat bei Nichtumsetzung der
EG-Richtlinien
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Im Jahr 1991 hat der Europäische Gerichtshof erstmals
ausdrücklich festgestellt, dass auch dem einzelnen betreffenden
Bürger ein direkter Schadensanspruch gegen den Mitgliedsstaat
oder diejenige öffentliche Einrichtung zusteht, die EG-Richtlinien
, also Gesetzesvorgaben der EG nicht oder nicht fristgerecht
in nationales Recht umsetzen und dem einzelnen dadurch ein
Schaden zusteht.
Zu dieser Thematik hat der mallorquinische Professor Joan
David Janer Torrens von der Balearenuniversität kürzlich
ein Buch veröffentlicht, das er bei der balearischen
Handelskammer vorstellte.
Würden diese Schadensersatzansprüche von allen
Betroffenen geltend gemacht, so wären freilich nicht
nur die Gerichte wegen Arbeitsüberlastung schnell zusammengebrochen,
sondern es würden auch viele Staaten und betroffene öffentliche
Körperschaften schnell in Liquiditätsschwierigkeiten
geraten.
Deshalb hat man nicht nur diese Anspruchsgeltendmachung im
juristischen Kleingedruckten seitens des Europäischen
Gerichtshofes mit einigen Hürden ausgestattet. Laut Professor
Janer liegen diese Hürden vor allem in zwei Punkten:
* Der Zuständigkeit der nationalen Gerichte mit der
automatischen Tendenz Zurückhaltung bei der Verurteilung
des eigenen Staates, und zugleich des eigenen Arbeitgebers,
zu üben.
* Zum anderen setzt die erfolgreiche Anspruchsgeltendmachung
eine Art besondere spezifische Betroffenheit voraus, offenbar
ein Einfallstor für die entscheidenden Richter auf vermeintlich
rechtsstaatlicher Basis im Einzelfall doch zu einer Anspruchsablehnung
kommen zu können.
Als weitere Hürde kommt natürlich hinzu, dass man
in der Praxis als Betroffener über die nötige Zeit
und Geldmittel verfügen muss, um solche Verfahren durchzustehen.
Unterm Strich zu konstatieren ist also ein Ansatz guten Willens
bei gleichzeitiger Halbherzigkeit nach dem Motto wir
würden ja gerne Gerechtigkeit walten lassen, aber wir
können uns diese nicht richtig leisten.
Potentiell schadensersatzpflichtig gemacht hat sich der spanische
Staat übrigens ebenso durch die verspätete Umsetzung
der europäischen Timesharingrichtlinien, wie auch der
europäischen Anwaltsrichtlinie.
Die typischen Gründe für die nicht rechtzeitige
Umsetzung der EG-Richtlinien sind übrigens immer wieder
die gleichen: Nationaler Protektionismus, Arbeitsüberlastung
oder fehlende Mittel bei den nationalen Ministerien oder politische
Gegenwehr bei Überstimmtwerden auf europäischer
Ebene.
Mit freundlicher Genehmigung des Autors:
Günter Menth, Rechtsanwalt
Kanzlei MENTH
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